Trotz des Spitzenwerts von CHF 89,8 Mio. bei den verdienten Prämien, verzeichnet die SERV aufgrund des hohen Schadenaufwandes von CHF 167,9 Mio. ein negatives Unternehmensergebnis in Höhe von CHF 81,5 Mio. Sie verbucht zum zweiten Mal seit ihrer Gründung einen Verlust.
Dank eines Wachstums des Neuengagements um 19 Prozent und einer Erhöhung der verdienten Prämien um 30 Prozent war es der SERV möglich, einen Versicherungsertrag von CHF 91,1 Mio. zu erzielen. Dem steht aufgrund des aussergewöhnlich hohen Schadenaufwands ein Versicherungsaufwand von CHF 156,0 Mio. gegenüber, was zu einem negativen Versicherungserfolg führte. Bei einem Anstieg der Personal- und Sachaufwände um CHF 2,5 Mio. gegenüber 2019 und einem geringen Finanzerfolg resultierte ein Betriebsverlust von CHF 81,5 Mio. Da die SERV von Gesetzes wegen ihr Kapital ausschliesslich beim Bund anlegen kann, war sie auch 2020 nicht in der Lage, Erträge aus Geldanlagen zu erwirtschaften. Dadurch war der Unternehmensverlust gleich hoch wie der Betriebsverlust.
Entwicklung des Geschäftsumfelds
Das Geschäftsumfeld 2020 war geprägt von der weltweiten Covid-19-Pandemie und den staatlichen Eingriffsmassnahmen zu deren Bewältigung. Diese Massnahmen haben in vielen Ländern die teilweise ohnehin schon stark strapazierte Fiskalsituation der Staatshaushalte noch zusätzlich belastet. Mit übermässig hohen Herausforderungen hatten Ecuador und Argentinien zu kämpfen. Argentinien konnte dabei nur knapp einen Staatsbankrott abwenden. Sambia war das erste Land, das unter anderem wegen der Covid-19-Krise im Herbst in die Staatsinsolvenz geriet.
Verdiente Prämien
in CHF Mio.
89,8
Neuengagement
+19%
Die Notenbanken der fortgeschrittenen Volkswirtschaften hatten weitestgehend ihren expansiven Kurs 2020 fortgesetzt oder zum Teil sogar noch ausgeweitet. In den Schwellenländern wurden die Zinsen weiterhin tendenziell gesenkt. Eine wichtige Ausnahme war die Türkei, wo sich die Notenbank gegen Jahresende dazu veranlasst sah, sich gegen den bereits lang andauernden Abwertungsdruck der Türkischen Lira mittels Zinserhöhungen zu stemmen und damit die schon seit längerem knappen Fremdwährungsreserven zu stabilisieren.
Als exportorientierte Volkswirtschaft war die Schweiz in besonderem Mass von der Covid-19-Pandemie betroffen. Die ohnehin schon unter Druck stehende MEM-Industrie musste massive Einbussen im Bestellungseingang und den Umsätzen hinnehmen, die bis Jahresende 2020 kaum kompensiert werden konnten. Insbesondere der Export im Maschinenbau erreichte trotz Erholung in der zweiten Jahreshälfte nur noch das Niveau von vor 30 Jahren. Der Aufwertungsdruck auf den Schweizer Franken blieb weiterhin bestehen, was die Wettbewerbssituation der Schweizer Exportwirtschaft noch zusätzlich belastete.
Neuexposure
in CHF Mio.
Versicherungspolicen (VP)
(Neuengagement)
Total
Grundsätzliche
Versicherungs-
zusagen (GV)
Total Neuexposure
kurzfristig
mittel- / langfristig
2020
2019
2020
2019
2020
2019
2020
2019
2020
2019
Länder
Ungarn
645,6
3,0
–
0,7
645,6
3,7
–
–
645,6
3,7
Israel
0,5
0,8
–
–
0,5
0,8
323,1
–
323,6
0,8
Turkmenistan
2,6
7,1
215,3
–
217,9
7,1
0,8
187,3
218,7
194,4
Deutschland
171,1
24,0
23,3
1,7
194,4
25,7
10,8
45,5
205,2
71,2
Russland
41,8
79,4
132,6
32,7
174,4
112,1
20,7
75,5
195,1
187,6
Ägypten
10,0
29,5
0,6
2,5
10,6
32,0
161,1
306,0
171,7
338,0
Taiwan (Chinesisches Taipei)
154,6
2,9
6,7
–
161,3
2,9
–
2,2
161,3
5,1
Türkei
4,2
2,4
121,6
263,3
125,8
265,7
8,1
162,6
133,9
428,3
Übrige Länder
463,7
810,3
585,3
912,4
1 049,0
1 722,7
697,7
625,2
1 746,7
2 347,9
Total
1 494,1
959,4
1 085,4
1 213,3
2 579,5
2 172,7
1 222,3
1 404,3
3 801,8
3 577,0
Branchen
Schienenfahr-
zeuge
& Bahntechnologie
970,9
39,4
228,8
3,0
1 199,7
42,4
4,8
96,3
1 204,5
138,7
Maschinenbau
194,5
413,2
294,8
317,2
489,3
730,4
464,5
833,6
953,8
1 564,0
Stromerzeugung
& -verteilung
9,3
45,3
226,7
542,8
236,0
588,1
398,8
187,3
634,8
775,4
Elektronik
45,5
21,7
139,0
35,6
184,5
57,3
31,8
254,1
216,3
311,4
Chemie & Pharma
188,8
340,6
–
10,5
188,8
351,1
–
–
188,8
351,1
Ingenieurleistungen
5,0
10,1
20,2
1,8
25,2
11,9
85,0
8,8
110,2
20,7
Metallverarbeitung
14,6
5,9
7,3
14,2
21,9
20,1
6,3
–
28,2
20,1
Übrige Branchen
65,5
83,2
168,6
288,2
234,1
371,4
231,1
24,2
465,2
395,6
Total
1 494,1
959,4
1 085,4
1 213,3
2 579,5
2 172,7
1 222,3
1 404,3
3 801,8
3 577,0
Entwicklung des Neuexposures und des Neuengagements
Nachdem das Neuengagement von 2018 auf 2019 deutlich um 46 Prozent zurückgegangen war, stieg es 2020 im Vergleich zum Vorjahr von CHF 2,173 Mrd. auf CHF 2,580 Mrd. wieder an. Die Erhöhung des Neugeschäftsvolumens war aber nicht die Folge einer Zunahme der Nachfrage nach Versicherungen bei der SERV. Die Anzahl der neu ausgestellten Policen verzeichnete einen weiteren Rückgang und betrug in 2020 576. In den Vorjahren lag die Anzahl noch bei 666 (2019) und bei 770 (2018). Ausschlaggebend für das Neuengagementwachstum war die Versicherung einzelner grossvolumiger Geschäfte, die aber nicht – wie in der Vergangenheit oft üblich – über langjährige Exportkredite finanziert worden waren, sondern zu Zahlungsbedingungen von weniger als 24 Monaten.
Der Nachfragerückgang nach SERV-Versicherungen spiegelt den massiven Einbruch der Schweizer Exportwirtschaft und insbesondere der MEM-Branchen im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie wider. Sowohl im Maschinenbau (Textil-, Werkzeug- und Nahrungsmittelmaschinen sowie chemische Anlagen) als auch in der Stromerzeugung und -verteilung war das Neuengagement weiterhin rückläufig. Im Maschinenbau sank es von CHF 730,4 Mio. auf CHF 489,3 Mio., in der Stromerzeugung und -verteilung von CHF 588,1 Mio. auf CHF 236,0 Mio. Einzig im Bereich Schienenfahrzeuge und Bahntechnologie verzeichnete die SERV 2020 einen Anstieg ihres Neuengagements von CHF 42,4 Mio. auf CHF 1,200 Mrd., was den sonst üblichen Volumen in den vergangenen Jahren entspricht. Das Neuengagement in der Chemie- und Pharmabranche war bereits über die letzten fünf Jahre stark zurückgegangen und nahm 2020 gegenüber dem Vorjahr nochmals von CHF 351,1 Mio. auf CHF 188,8 Mio. deutlich ab.
Da die SERV Exporte im Bereich Schienenfahrzeuge und Bahntechnologie fast ausschliesslich mit Zahlungszielen von weniger als 24 Monaten versicherte, wurden für diese Transaktionen Lieferantenkreditversicherungen nachgefragt, die nun seit längerer Zeit wieder ein Wachstum des Neuengagements von CHF 316,1 Mio. auf CHF 864,9 Mio. aufwiesen. Wären diese Schienen- und Bahnexporte nicht zu kurzfristigen Zahlungszielen, sondern mit einer Kreditlaufzeit von 10 Jahren oder länger finanziert und versichert worden, hätte die SERV bei gleich hohem Neuengagement 2020 sogar noch höhere Prämienerlöse verbucht.
Überraschenderweise blieb die Nachfrage nach Fabrikationskreditversicherungen und Bondgarantien hinter den Erwartungen zurück. Die Anzahl der ausgestellten Fabrikationskreditversicherungen nahm von 62 auf 56 weiter ab, und auch bei den ausgestellten Bondgarantien war ein Rückgang um 4 Prozent zu verzeichnen. Hingegen erhöhte sich bei beiden Produkten das Neuengagement; bei der Fabrikationskreditversicherung sogar deutlich von CHF 78,7 Mio. auf CHF 436,3 Mio. Das ist darauf zurückzuführen, dass sich die Käufer bei einzelnen Grossgeschäften im Infrastrukturbereich mit der Vorfinanzierung ihrer Bestellungen zurückhaltender zeigten. Eigentlich war die SERV davon ausgegangen, dass gerade KMU im Zusammenhang mit der Pandemie auf Liquidität angewiesen sind und daher vermehrt auf die Bondgarantie und die Fabrikationskreditversicherung zurückgreifen.
Insgesamt entfielen 58 Prozent des gesamten Neuengagements auf den kurzfristigen Bereich, also Versicherungen mit einer Risikolaufzeit von weniger als 24 Monaten. Ein Anteil, der im Mehrjahresvergleich aussergewöhnlich hoch ist, aber nicht zwingend auf einen Trend schliessen lässt.
Aufgrund des Neuengagements von CHF 2,580 Mrd. konnte die SERV Prämienerlöse von CHF 71,6 Mio. erzielen. Die Prämienerlöse 2020 bewegen sich damit im langjährigen Durchschnitt.
Im Unterschied zum Neuengagement stieg die Anzahl der neu ausgestellten Grundsätzlichen Versicherungszusagen (GV) von 112 im Vorjahr auf 146 deutlich an. Gleichzeitig war damit jedoch ein Deckungsvolumen verbunden, das mit CHF 1,222 Mrd. um 13 Prozent niedriger ausfiel als 2019. Diese Veränderungen bewegen sich im für die SERV gewohnten Rahmen. Die Verhandlungen für den Export und die Finanzierung von Gasturbinen nach Israel sowie für ein Grossprojekt im Textilbereich Ägyptens sind bereits so weit fortgeschritten, dass mit einer finalen Versicherungsdeckung im nächsten Geschäftsjahr zu rechnen ist.
Das Exposure der SERV kam per 31.12.2020 bei CHF 8,971 Mrd. zu liegen. Es war damit etwas höher als 2019 (CHF 8,773 Mrd.). Das Engagement betrug am Bilanzstichtag CHF 7,301 Mrd. und verzeichnete einen geringfügigen Anstieg um 3 Prozent gegenüber dem Vorjahresstichtag.
Für die Veränderung des Exposurebestandes ist nicht allein das Neugeschäftsvolumen verantwortlich. Typischerweise wird dieses durch die Ausbuchung abgelaufener VP, die Rückzahlung versicherter Exportkredite sowie die Haftungsdauer und Wechselkursveränderungen der versicherten Geschäfte beeinflusst. 2020 war die SERV aufgrund der Covid-19-Pandemie mit einer Situation konfrontiert, in der sehr viel häufiger als üblich versicherte Geschäfte wegen Liefer- oder Bauverzögerungen erstreckt oder die Rückzahlungsdauer versicherter Forderungen unter anderem infolge Restrukturierungen verlängert werden mussten.
Das höchste Engagement nach Ländern wies die SERV – wie bereits in den vergangenen Jahren – mit CHF 922,2 Mio. gegenüber der Türkei auf. Auf das Land entfielen 13 Prozent des Gesamtengagements. Neu ist Ungarn auf Platz 6 der Länderliste vorgerückt, da die SERV ein grösseres Exportgeschäft von Schienenfahrzeugen mit Fabrikationskreditversicherung und Lieferantenkreditversicherung unterstützt hat, nachdem der private Versicherungsmarkt für diese Transaktion keine ausreichenden Risikokapazitäten mehr zur Verfügung stellen konnte.
Marketing & Akquisition
Um die negativen Folgen der staatlichen Covid-19-Eindämmungsmassnahmen auf die Schweizer Exportwirtschaft zu mildern, hat der Bundesrat die Anforderungen in Bezug auf den Anteil schweizerischer Wertschöpfung am Auftragswert für SERV-Versicherungen gesenkt und die maximalen Deckungssätze für Bondgarantien auf 100 Prozent und für Fabrikationskreditversicherungen auf 95 Prozent erhöht. Die SERV hat in eigener Kompetenz die Subsidiaritätsbeschränkungen für Exportgeschäfte mit einer Risikolaufzeit von weniger als 24 Monaten in die EU-Mitgliedsstaaten sowie andere High-Income-Länder bis am 30. Juni 2021 aufgehoben. Sie ist dabei den Massnahmen der EU-Kommission gefolgt, an denen sie sich gemäss SERV-Verordnung (SERV-V) orientiert. Darüber hinaus hat die SERV Prüf- und Entscheidungsprozesse vereinfacht, um den Exporteuren bei Bedarf schnell und unkompliziert mit einem Versicherungsangebot zu helfen.
«Die SERV ist ein wichtiger Partner für Schweizer KMU; gerade wenn sich Exportrisiken verschärfen.»
Heribert Knittlmayer
Chief Insurance Officer
Durch diese Massnahmen kamen 2020 vermehrt Neukunden auf die SERV zu, da im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie das Bedürfnis nach Risikoabsicherung zugenommen hat. Der Anteil der KMU an diesen Neukunden war mit 75 Prozent sehr hoch.
Wegen der Covid-19-Pandemie konnte die SERV ihre ECA-Pathfinding-Initiative 2020 nicht wie geplant weiter voranbringen. Gemäss Geschäftsstrategie hatte die SERV bereits im Vorjahr damit begonnen, ihren internationalen Bekanntheitsgrad zu erhöhen und in den Käufermärkten zum Beispiel im Infrastrukturbereich gezielt Projekte zu identifizieren, an denen sich Schweizer Exporteure dank einer SERV-versicherten Exportfinanzierung beteiligen können. Zum einen wurden Projekte, die 2019 in der Schweiz vorgestellt worden waren, entweder auf unbestimmte Zeit verschoben oder von den Bestellern ganz sistiert. Zum anderen konnten unter anderem aufgrund der weltweiten Reisebeschränkungen kaum neue Projekte gefunden werden. Gleichwohl hat die SERV die Zusammenarbeit mit Switzerland Global Enterprise(S-GE) und anderen Branchenverbänden weiter intensiviert, um zukünftig koordinierter in den Käufermärkten aufzutreten.
2020 verzeichnete die SERV einen erhöhten Zuwachs an Neukunden. Der Anteil KMU betrug dabei 75 Prozent.
Internationales
Nebst der Covid-19-Pandemie waren die internationalen Verhandlungen des Jahres 2020 vor allem von der Sistierung der International Working Group (IWG) geprägt. Deren Ziel war es, unter Miteinbezug aller grossen Exportnationen (inkl. China und weiterer Mitgliedsländer der G20) ein Nachfolge-Arrangement zum «Arrangement on Officially Supported Export Credits» (Arrangement) auszuarbeiten. Grund dafür war, dass bis anhin nicht alle dieser Länder einem Regelwerk zur staatlichen Exportfinanzierung unterstellt waren und damit das Risiko von Wettbewerbsverzerrungen massiv erhöht wurde.
Das Scheitern der Verhandlungen im Rahmen der IWG wird auf die Entwicklung des einzig bestehenden Regelwerks für Exportfinanzierung, das Arrangement grossen Einfluss haben. Dieses ist seit 1978 in Kraft und dem OECD-Handelskomitee angegliedert. Es steht im Einklang mit den Prinzipien der Welthandelsorganisation (WTO), das bestrebt ist, staatliche Subventionierung von Exporten zu unterbinden. Das Arrangement ist in den EU-Ländern gesetzlich bindend. Bei allen anderen Mitgliedern inklusive der Schweiz stellt das Arrangement ein sogenanntes Gentlemen’s Agreement dar.
In den folgenden Jahren ist zu erwarten, dass das Arrangement einer grundsätzlichen Überarbeitung unterzogen werden wird, um einerseits die Komplexität bezüglich der Anwendbarkeit zu reduzieren; andererseits um die bestehenden Grundprinzipien zu modernisieren, die für die heutige Praxis in der Exportfinanzierung vermehrt zu wenig Flexibilität bieten. Dabei ist die EU, die durch die rechtliche Verbindlichkeit des Arrangements am direktesten von den daraus resultierenden Wettbewerbsnachteilen betroffen ist, Haupttreiberin dieses Modernisierungsprozesses.
Die SERV hat seit Anfang 2020 für zwei Jahre in der Berner Union den Vorsitz des aus allen grösseren Exportkreditversicherungen (ECAs) der Welt bestehenden ECA Committee inne. Die Gespräche in diesem Gremium konzentrierten sich neben dem regulären Austausch zum Geschäft und den Entwicklungen der Mitglieder im Jahr 2020 insbesondere auf die ergriffenen Massnahmen in der Covid-19-Krise sowie auf das Thema nachhaltige Entwicklung und Klimawandel.
Neben der multilateralen Kooperation ist die SERV stetig daran, ihre bilateralen Beziehungen zu anderen ECAs zu pflegen und auszubauen. Gerade im letzten Jahr kam der SERV dieser Austausch zugute und sie pflegte einen intensiven Dialog mit ihren Partnern aus der trilateralen Partnerschaft mit Deutschland und Österreich, aber auch mit den anderen ECAs bezüglich der Entwicklungen der Covid-19-Krise.
OECD-Länderrisikokategorien
Stand am 31.12.2020
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